Die Zeit des Morgens ist für arbeitende Menschen sehr begrenzt, zumal wenn man in einem Familienbund mit Kindern lebt. Weitere Begrenzungen der morgendlichen Zeit kann eine Meditationspraxis sein, die zwischen 10 und 60 Minuten lang sein kann. Dann noch etwas Yoga in das Morgenprogramm einzubauen gelingt nur unter ganz fest geregelten Bedingungen. Hierfür habe ich Kurzabfolgen entwickelt und getestet, die schnell und zielgenau auf den Tag vorzubereiten vermögen.
Die vorliegende Reihe ist eine grundlegende Einführung in die Arbeit mit Kurzarbeitsreihen. Sie setzt Yogaerfahrung voraus. Die Beinstruktur wird geöffnet und durch die energetischen Wirkungen von Drehsitz und Kopfstand oder einer anderen Umkehrhaltung erfolgt eine zielgenaue Aktivierung der Körper-Energien von einer mehr statischen Apana- auf eine aktive Prana-Ausrichtung. Jede Haltung wird mindestens 1 Minute lang gehalten. Bei der Umkehrhaltung sowie dem Baum kann eine langsame Steigerung ab 20 Sekunden Richtung einer Minute erforderlich sein, um den Körper einzugewöhnen.
Die Übungsreihe beginnt mit jeweils einer Baumhaltung (links/rechts), einer vor- und rückbeugenden Haltung, dem Hund, Umkehrhaltung, einer gegrätschten Vorwärtsbeuge sowie zwei Drehsitzen (links/rechts). Eine entspannende Lagerung schließt die Reihe ab.
Um die Zeitabfolge nicht der Willkür zu überlassen verwende ich einen Meditationstimer (für Android Smartphone, Zazen-Meditationstimer: kostenfrei), der nach jeweils 1 Minute und 10 Sekunden (10 Sekunden zum Wechsel der Haltung) einen Gong abgibt. Nach 12 Minuten ist die Reihe abgeschlossen und der Tag kann beginnen.
Die Übungen und ihre Ausführungsdetails sollte in jedem Fall vorab mit einem Yogalehrer besprochen und ausgearbeitet werden. Nur eine korrekte Ausführung ermöglicht auch die gewünschte Wirkung!
Für alle Kurzreihen gilt, dass die Übungen in vollen Konzentration und Einspitzigkeit durchgeführt werden. Dabei wird auf die Schwerpunkte der Haltungen ein besonderes Augenmerk gelegt. Diese Schwerpunkte sind mit einem Yogalehrer abzusprechen, um hier nicht nur die volle Wirkung, sondern auch eine dem Fortschreiten in der Praxis fördernde Form zu finden. Das können besondere Stellungsmerkmale sein, das können Bandhas sein, das kann eine Ausrichtung oder eine vergleichende Betrachtung (rechts/links) sein.
Auf eine besondere Form in der Atmung kann Wert gelegt, muss aber nicht zwangsläufig notwendig sein. Die meisten Reihen kommen ohne Atemanbindung aus. Das lange Halten der Asanas ermöglicht aber ein Wachsen auch in der Atemform. Wenn Einrichtung, die Bewegungsrichtungen und das Halten in der Asana keine besondere Aufmerksamkeit mehr bedürfen, kann der Atem zum Ende einer Übungsperiode (3-6 Monate) hin langsam zur vollen Yogaatmung ausgebaut werden. Eine Asana ist dann erst fertig ausgearbeitet, wenn sich die volle Yogatmung ohne Anstrengung nur mit Aufmerksamkeit leicht einrichten lässt. Auf der anderen Seite sind erzwungene Atemformungen (Pressatem, Stoßatem, Schleifatmung) selten förderlich und sollten generell vermieden werden.
Bei der Verwendung von Bandhas ist generell darauf zu achten, dass diese in der richtigen Weise und der richtigen Stärke angewendet werden. Ein Bandha ist kein Ein/Aus-Schalter, sondern ein Dimer, der von sanften Flimmern bis zur hellen Leuchtkraft in stufenloser Weise Energie öffnet, bereitstellt oder lenkt. Weiterhin sollte der Übende sich bewusst darüber sein, das die drei großen Bandhas immer zusammen erscheinen. Das angesagte oder gewünschte Bandha zieht immer die beiden anderen nach. Eine fest und mühelos gehaltene Asana beherbergt immer eine mehr oder weniger starke Form von Maha-Bandha.
Alle Haltungen sind immer in der Erde verankert. Beim Stand auf den Füßen spüren wir diese sehr genau, beim Stand auf Händen und Füßen spüren wir diese in derselben Weise. Der Hund hat also auch als Haltung vier Beine und daher auch viermal Erde. Stehen wir auf dem Kopf, sitzen wir auf dem Po, stehen wir auf den Händen oder den Füßen oder beiden, immer sind diese Verbindungen aktiv und geerdet. Diese Erdungen, auch Wurzelungen genannt, sind die Grundlage für energetisches Arbeiten. Ohne diese ist ein Aufbau von Energie nicht möglich. Zum geerdet sein gehört auch die Spannung, die ich Tonus nenne, die zur Erde hin und/oder von der Erde wegführen kann. Beide sind Pole, verhalten sich in Polarität, sind also aufeinander angewiesen, sind Apana und Prana.
Die Kurzübungsreihen sind immer für einen Übungszeitpunkt am Morgen ausgelegt. Sollten sie spät abends geübt werden, sollte man darauf achten, nicht allzu viel Prana freizusetzen, da sonst der ruhige Schlaf gefährdet sein kann. Sollte trotzdem einmal eine zu große Freisetzung von Prana registriert werden, hilft ein heißes Bad oder eine heiße Dusche, um wieder Boden unter die Füße zu bekommen.
Während entzündlicher Verletzungen/Erkrankungen, Magenverstimmungen und Darmbeschwerden können nur ganz wenige Asana sinnvoll geübt werden. Das sind meist gelagerte oder gut gestützte Haltungen, die ohne Anstrengung getragen werden können. Im Zweifel ist es dann auf jedem Fall besser, die Reihe nicht auszuführen und/oder entsprechend auszuweichen. Sollten Sie trotzdem auf Yoga nicht verzichten wollen, üben Sie Tadasana, Dandasana und/oder Shavasana. Diese Haltungen sind einerseits sicher, andererseits wirken sie beruhigend auf Körper/Geist und daher stärkend auf das Immunsystem.
Die Wirkungsweise von Asana beruht immer auf den Impulsen, die durch die Haltungen für den Körper/Geist gesetzt werden. Das ist etwa so wie die Hantel eines Kraftsportlers, die durch regelmäßiges bewegt werden den angesprochenen Muskel auffordert, stärker und ausdauernder zu werden. Dabei gilt aber nicht „je mehr desto besser“, sondern die Qualität, die Genauigkeit der Setzung und die Regelmäßigkeit des Auftretens der Impulse setzt eine Körper/Geist-Reaktion in Gang. Impulse sind schnelle Botschaften, die sich nicht lange beobachten lassen. Wenn Sie sich also nach Ausführung einer Reihe noch gar nicht ausgepowert fühlen, ist das nicht wichtig. Die Impulse wurden gesetzt und wirken. Muskelkater und Erschöpfungsgefühle gleichen mehr einer Erkrankung, sind also keine Anzeichen dafür, genug getan zu haben. Nach einer Yogasequenz solle man sich gestärkt und tatendurstig fühlen. Es sollte also genug Energie vorrätig sein, um einen langen Tag leicht überstehen zu können.